Märchenstunde bei Hartmanns

Der Kreuzer, das Leipziger Stadtmagazin, hat die Misere des Leipziger Schauspiels seit drei Jahren überaus freundlich begleitet. Ich habe für den Kreuzer einen um Sachlichkeit bemühten Artikel darüber geschrieben. Folgende Eröffnung fand dort aus Platzgründen, aber auch, weil die Satire die Zahlenargumentation des Artikels ungünstig eingeleitet hätte, keine Verwendung.

Ein Traum: Bei Hartmanns. Der Intendant, Regisseur und Vater hat seinen Kindern das Märchen von Hänsel und Gretel versprochen. Mit Ketchup hat er HOPE AND FAITH über den Tisch geschmiert, das gefällt den Kindern. Papa Basty hat nämlich das Stück modernisiert und umbenannt. Es heißt „Get lost“, was er seinem Publikum gleich ein paar mal um die Ohren brüllt. „Papa!“, korrigierte der Sohn, „das heißt ‚Geht loos’!“ Dann geht es los. Komische Leute treten auf, die Kinder wundern sich und schauen aus dem Fenster. An der Stelle, als Hänsel und Gretel den Rückweg nicht finden, unterbricht der Vater. Er schreibt eine SMS, nimmt einen Whisky und geht den Leib schütteln. Die Kinder, die noch brave Kinder sind, warten. Plötzlich geht es dann weiter, die Hexe kommt. Jetzt spielt auch Mama mit. Aber Papa stutzt. Wie sieht die denn aus? Der Intendant charmant: „Zieh bitte die Highheels an und den Minirock, du weißt warum…“ Sie weiß aber nicht. Hartmann wütend: „Was, du willst nicht? Weg mit dir, ab jetzt nur noch Nebenrollen!“ Die Kinder erschrecken: warum geht der Papa so hässlich mit der Mama um? Doch er umarmt die Kleinen und verspricht, er sei wieder lieb, und jetzt komme etwas ganz Tolles: für die Ofen-Szene hat er extra ein Audio-Einspiel aufgenommen. Darin trompetet er, multipliziert zum kakophonischen Chor: „Feuer, Apo-AA-Poo-kalypso, Rei-rei-Rei-hei-nigung“. Danach ist es den Kindern aber wirklich genug, sie wollen weg. „Papa“, sagte die ältere, „du musst richtig vorlesen, wie ein Märchen sein muss, sonst gehen wir zur Oma!“ Irritiert schaut der Intendant sie an: „Aber Kinder, liebt ihr mich denn nicht?“

Nachtrag 1.7.2011, nach der Lektüre eines Briefes aus dem Centraltheater an den Kreuzer, Nachtrag für die Herren Absender, die so tun, als wären sie dämlich, um falsche Vorwürfe zu machen und mit Anwälten zu drohen, oder die es wirklich nicht raffen: Obenstehendes gehört zu den Textsorten Glosse oder Satire, es ist eine Fiktion, die mit dem klassischen Motiv „Ein Traum:“ eingeleitet wird, s.o., sie hat mit eventueller Realität im Hause Hartmann nichts zu tun.

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