Die Abrechnung ist Pardon und Dank

Zunächst darf ich dieses hier mitteilen: Zwar würde die Kultur-Redaktion der Leipziger Volkszeitung mich gern weiter als Autor beschäftigen, doch der Chefredakteur mag nicht mehr. Gründe nennt er nicht. Kolportiert werden die Worte des Chefredakteurs: „er passt nicht zu uns“. Das ist immerhin nicht scurrilous.

Als es mir ähnlich schon einmal passierte, wurde ich acht Jahre später noch gefragt, ob ich weiter für die LVZ schreibe. Das soll nicht wieder geschehen. Ich werde vermeiden, im Internet über die Regionaljournaille die Nase zu rümpfen, wie es schon billig und wohlfeil getan wird. Tatsächlich ist es langfristig wirklich schwer, in diesem Format und seiner momentanen Beugung gute Texte zu schreiben. Hochachtung vor allen, denen es gelingt. Ich muss gestehen, zuweilen Einflüsse der charakteristischen Asthma-Prosa bei mir registriert zu haben. Kompromisse gehören freilich überall dazu.

Ich bitte um Nachsicht für viele Versäumnisse über diesmal sechseinhalb Jahre hin. Mein Vertrag war gedeckelt, ich habe permanent über ihn hinaus geschrieben, somit dem Verlag Arbeit geschenkt. Aber zu viel blieb ungeschehen. Gewiss muss Journalismus bevorzugen, was gerade angesagt ist. Ich habe dennoch versucht, weniger prominente Orte und Künstler nicht aus den Augen zu verlieren. Es bleiben viele Defizite

Oft genug wird Zeitnot die Sorgsamkeit besiegt haben, auch dafür bitte ich um Nachsicht. Natürlich möchte ich mich nicht dafür entschuldigen, Meinungen geäußert zu haben. Nur gelegentlich entstand der Eindruck, dass alles außer Lobpreisung unerwünscht ist. Ich habe versucht, jedwede Kunstauffassung zunächst einmal wohlwollend zu erörtern. In der einen Leipziger Zeitung und als vertraglich-dominanter Kritiker schien mir das die einzig gerechte Lösung, selbst wenn die dabei notwendige Moderation eine sprachlich passionierte Bewertung behindert. Was die Dilemmata der „Kunstkritik“ heute sind, gehört zum Thema, würde jetzt aber abseits führen.

Es hat sogar Vorteile, für eine Lokalzeitung zu schreiben. Wenn man der Konformität der sogenannten Kunstkritik nicht folgen mag, gelingen im Schutze der Provinz scherzend-ernste Sätze, die in wichtigen Zeitungen auf ihre sachliche Korrektheit überprüft und gestrichen worden wären. Das hat zuweilen Spaß gemacht: Sogar Lesern, die mir das freundlicherweise mitteilten. Dafür herzlichen Dank!

Schreib-Verbot in der LVZ durch einen Chefredakteur ereilt mich zum zweiten Mal. Beim ersten Mal (nach 1996) tat es noch… – nein, hielt es bis zur Pensionierung dessen, der es seiner Redaktion und mir aussprach. Die Lage ist nun etwas anders. Zwar wäre ein Schritt in der Karriere des Chefredakteurs Bernd Hilder so überfällig wie wünschenswert, aber wenn wir Pech haben, bleibt er uns noch lange erhalten. Allerdings sind die Abonnentenzahlen rapide abgesackt. Der Verlag tut das Übliche und senkt das Niveau, man weiß mit oder ohne Pierre Bourdieu, wo diese Abwärtsspirale endet. Möglicherweise muss ich noch länger schreiben, als es die Leipziger Volkszeitung überhaupt gibt – was nicht hämisch, sondern sarkastisch gemeint ist.

 

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